Das Schwierige im Leben ist die Wahl des Richtigen.
George Moore (1852-1933)
Je schwieriger ein körperliches Leiden zu behandeln ist, um so mehr Kuren werden von allen Seiten angeboten. Das unerschöpfliche Angebot an verschiedenen Diätmöglichkeiten, Schlankheitsnahrung und Programmen zur Gewichtsabnahme deutet auf die Tatsache hin, dass bis jetzt noch keine einzige Methode in jedem Fall erfolgreich war. In diesem Kapitel stütze ich mich hauptsächlich auf wissenschaftliche Auswertungen aller jener Methoden, Gewicht zu verlieren, die im Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten ausgeführt wurden.
Gibt es eine Kur, die jedem hilft?
Übergewicht kann bekanntlich die verschiedensten Ursachen haben. Bei jeder Diät zeigt sich, dass der eine viel, der andere wenig abnimmt. Denken Sie daher immer daran: Wenn eine bestimmte Diät bei Ihnen nichts hilft, dann muss daran keineswegs nur Ihr Mangel an Selbstbeherrschung schuld sein - vielleicht ist diese Diät eben einfach nicht für Sie geeignet.
Da Übergewicht immer das Ergebnis einer mangelnden Ausgeglichenheit zwischen Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch ist, geht es bei allen diesen Methoden darum, auf die eine oder andere Weise dieses Verhältnis wieder auszugleichen. Dabei unterscheiden wir drei Möglichkeiten: Beschränkung der Kalorienzufuhr, Erhöhung des Energieverbrauchs oder
Einflussnahme auf das Verdauungssystem.
Maßnahmen unter Beschränkung der Kalorienzufuhr
Zu dieser Kategorie gehören die meisten Behandlungsformen - allerdings gibt es hier große Unterschiede in Bezug auf ihre Verträglichkeit, ihre Erfolgsquote und nicht zuletzt ihre Kosten.
Hunger- oder Fastendiät (nicht zu empfehlen!)
Seit rund zwanzig Jahren wird Übergewicht durch Hungern oder Fasten in besonderen Kliniken zu kurieren versucht. Es gibt Leute, die bis zu 300 Tage lang gefastet haben, Einige sind auch daran gestorben!
Ein solches Fasten hat zu schweren gesundheitlichen Störungen geführt. Dies tritt wahrscheinlich deshalb ein, weil der dabei auftretende Eiweißverlust lebenswichtige Körperfunktionen beeinträchtigen kann. So kann es zum Beispiel zu Verengungen der Herzkranzgefäße kommen, zu Bluthochdruck, Störungen des Elektrolythaushalts im Körper, Vitaminmangel, ja sogar zu Verwirrtheit.
Wegen möglicher Komplikationen sollten Fastenkuren immer nur in einer Klinik durchgeführt werden. Flüssigkeit, Elektrolyte und Vitamine müssen in richtiger Menge zugeführt werden, und die vielen Körperfunktionen, die durch das Fasten gestört werden können, müssen sorgfältig überwacht werden. Man sollte niemals zu lange und vor allem nicht nach eigenem Gutdünken fasten!
Ein weiterer Grund, warum Fasten zur Behandlung von Übergewicht nicht unbedingt zu empfehlen ist, liegt darin, dass die wenigsten Leute imstande sind, lange genug zu fasten, bis Fett abgebaut wird. Am Anfang einer solchen Fastenkur verliert man zunächst hauptsächlich Bindegewebe; erst nach mehreren Wochen wird Körperfett in stärkerem Maße abgebaut als Bindegewebe. Wenn die Waage also bereits am Anfang einen erfreulichen Gewichtsverlust anzeigt, dann handelt es sich dabei um Verlust von Wasser und Eiweiß, nicht von Fett. Kurze Fastenzeiten oder zwischendurch eingeschobene Tage der Mäßigung beim Essen führen also nicht zur Abnahme des Fettgewebes.
Viele Leute finden es leichter, gar nichts zu essen, als sich beim Essen zurückzuhalten; trotzdem sind die Ergebnisse des Fastens auf lange Frist hin nicht günstig. Die Statistik weist aus, dass nach zwei Jahren nur etwa ein Drittel aller Fastenden ihr ehemals niedriges Gewicht gehalten haben; dabei spielten weder Alter oder Geschlecht noch Ausmaß oder Einsetzen des ursprünglichen Übergewichts oder körperliche Bewegung eine Rolle.
Zusatz-Fasten
Da das totale Fasten schwerwiegende Nebenwirkungen hat, wurde das sogenannte »Zusatz-Fasten« entwickelt, wobei verschiedene eiweißhaltige Substanzen zugesetzt werden - von Milcheiweiß über Albumen bis zu magerem Fleisch. Diese Substanzen liefern 1 bis 1,5 Gramm Eiweiß oder gleichwertige Aminosäuren pro Kilogramm des erwünschten bzw. angestrebten Körpergewichts. Diese Art von Fasten mit Eiweiß-Zusatz bietet sich vor allem bei ambulanter Behandlung an. Im Vergleich zu traditionellen Methoden ist hier die Erfolgsquote relativ hoch aus zwei Gründen: Einerseits fällt es den meisten Menschen leichter, die Nahrungsaufnahme auf wenige Dinge zu beschränken - in diesem Fall auf eine einzige Zusatz-Substanz-, und andererseits verhindert eben dieser Zusatz den Verlust an Körpereiweiß, der beim totalen Fasten eintritt.
Flüssige Diäten ohne Rezeptpflicht
In vielen Ländern werden bestimmte flüssige oder leicht verdaulich gemachte Eiweißgemische bereits ohne ärztliche Verschreibung in Apotheken verkauft. Soviel sich bis jetzt gezeigt hat, sind gerade diese Mischgetränke besonders gesundheitsgefährdend, denn die hohe Konzentration bestimmter Elemente in dem vorverdauten Protein kann zu einem gefährlichen Verlust von Kalium führen. Mehr als zehn Todesfälle sind bereits in Zusammenhang mit dieser Diät bekanntgeworden; die Dunkelziffer ist möglicherweise noch höher. Zu den unangenehmen Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Schwindelanfälle, Haarausfall, trockene Haut, Kälteempfindlichkeit, Muskelkrämpfe, Amenorrhoe (Ausbleiben der Monatsblutung) und seelische Erschöpfung.
Auch bei dieser Methode wird die Gewichtsabnahme meist nicht auf Dauer beibehalten, obwohl der anfängliche Gewichtsverlust durchaus vielversprechend sein kann. Bedient man sich dieser Technik der Gewichtsabnahme ein zweites Mal, nach einer neuerlichen Gewichtszunahme, dann beträgt die statistische Erfolgschance nur etwa 25 Prozent, im Vergleich zu einer Erfolgsquote von 75 Prozent beim ersten Versuch.
Diät mit Ballaststoffen
Eine Theorie besagt, das Übergewicht rühre davon her, dass wir die Kohlehydrate in allzu verfeinerter Form zu uns nähmen. Unbearbeitete Kohlehydrate enthalten viele Ballaststoffe - darunter verstehen wir die unverdaulichen Zelluloseanteile der Nahrung. In den westlichen Industriestaaten werden Kohlehydrate vor allem in Form von hochraffiniertem Mehl konsumiert, dem in der Walzmühle fast die gesamte Kleie und die Weizenkeime abhanden gekommen sind. Reich an Ballaststoffen ist das Vollkornbrot (aber nicht einfach das braune Brot, das ja nur aus gefärbtem Walzmühlenmehl gemacht wird), brauner (ungeschälter) Reis, Kleie, frisches Gemüse, frisches Obst, Kartoffeln, Erbsen und Bohnen in Hülsen.
Eine Nahrung, die arm an Ballaststoffen ist, enthält mehr konzentrierte Kalorien als ballaststoffreiche Nahrung, die deswegen länger gekaut werden muss, so dass schon allein der Essensvorgang mehr Zeit und Energie verbraucht. Manche Fachleute sind sogar der Meinung, dass Ballaststoffe die Menge der resorbierten Nahrungsenergie verringern, was bedeuten würde, dass also weniger Kalorien gespeichert oder verbraucht, dafür aber mehr ausgeschieden würden.
Ballaststoffe sind ohne Zweifel gesundheitsfördernd; dass man jedoch davon dünner wird, dafür gibt es bis jetzt noch keine Beweise. Allerdings spielen Ballaststoffe möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Übergewicht.
Standardmethoden für die Diät
Diät ist noch immer das beliebteste Mittel, an Gewicht zu verlieren. Bücher über Diät verkaufen sich im Nu. Nichtsdestoweniger hat keine Diät bisher die für alle gültige Lösung erbracht.
Sämtliche Formen von Diät beruhen in irgendeiner Weise darauf, die Kalorienaufnahme zu beschränken. Kalorien summieren sich immer, egal, ob Sie sie zählen oder nicht. Sie müssen weniger Kalorien aufnehmen, als Sie verbrauchen, sonst werden die zusätzlichen Kalorien nicht verbrannt.
Die Diätmethoden kann man unterteilen in solche, die auf eine bestimmte Weise die Kalorienzufuhr vermindern, und solche, bei denen das empfohlene Essverhalten ganz von selbst zu einer eingeschränkten Kalorienaufnahme führt.
Es gibt zwei Arten von Diät mit verminderter Kalorienzufuhr: Die ausgeglichene Diät schließt Fett, Eiweiß und Kohlehydrate im gleichen Verhältnis wie die >normale< Ernährung ein, während die unausgeglichene Diät bestimmte Nahrungsmittel entweder besonders empfiehlt oder aber gänzlich verbietet.
Die ausgeglichene Diät unter Kalorienzufuhr
Diese Diät besteht einfach darin, dass man alles isst, was man sonst auch isst, nur eben in kleineren Mengen. Die Anhänger dieser Diätform vertreten die Ansicht, dass eine Diät in ihrem Nährstoffgehalt ausgeglichen und aus dem üblichen Verhältnis und Anteil von Nahrungsmitteln zusammengesetzt sein soll. Das klingt zwar recht vernünftig, führt aber nur selten zum gewünschten Ziel.
Mit der Kalorientabelle zu essen bedeutet, dass man nicht nur die Menge, sondern auch den Kaloriengehalt der aufgenommenen Nahrung schärfstes beachten muss. Nun ist das zwar eine Übung, die auch ich Ihnen vorgeschlagen habe, jedoch nur über eine kurze Zeitspanne. Auf längere Zeit ist es schwer durchzuhalten und daher gibt es bei dieser Technik relativ viele »Abtrünnige«. Außerdem behält bei diesem Verfahren - im Deutschen scherzhaft auch FdH (= Friss die Hälfte! ) genannt - die Nahrung weiterhin anregende Qualität und bleibt mithin eine Quelle dauernder Verlockung.
Und wenn man noch dazu nicht regelmäßig isst - z. B. kein Frühstück, dafür aber abends eine Schlemmermahlzeit dann ist eine solche ausgeglichene Diät mit verringerter Kalorienzufuhr auf lange Sicht hin keine Lösung. Es ist nämlich vielmehr höchst wahrscheinlich, dass man nach Beendigung der Diät wieder in die alte Maßlosigkeit verfällt.
Aus diesen Gründen wurden in den letzten Jahren verschiedene Formen von Diät entwickelt, die nicht auf Kalorienzählen beruhen: Hier wird die Kalorienzufuhr vielmehr dadurch gesenkt, dass bestimmte Nahrungsmittel völlig eliminiert werden.
Die unausgeglichene Diät
Dazu gehören z. B. Formen der Diät, die strikt jeden Tropfen Alkohol verbieten. Alkohol enthält tatsächlich eine Menge Kalorien, manche Menschen beziehen bis zu einem Viertel ihres täglichen Kalorienverbrauchs aus dieser Quelle. Alkoholentzug führt daher zu Gewichtsverlust oder zumindest zu einem sicheren Halten des Gewichts. Das gleiche gilt für eine Beschränkung des Verzehrs von Kohlehydraten und Fetten.
Derartige kalorienarme Diätformen haben offenbar eine große Anziehungskraft, denn sie versprechen raschen und schmerzlosen Erfolg. Man braucht dabei keine Kalorien mehr zu zählen; wenn man aber überhaupt kaum noch Fette und Kohlehydrate zu sich nimmt, dann isst man im allgemeinen auch nicht so viel von den übrigen Speisen, aus Angst, diesen Kalorienausfall dadurch wettzumachen. Man nimmt also automatisch und last unbemerkt insgesamt sehr viel weniger Kalorien zu sich. Nur passt man sich leider sein oft eben dadurch an, dass man dafür von der erlaubten
Nahrung sehr viel mehr isst - doch nichts deutet darauf hin, dass man bei einer kohlehydratarmen Diät täglich 3000 Kalorien zu sich nehmen darf und trotzdem noch abnimmt.
Einer der Gründe für die Beliebtheit solcher Diätmethoden - vor allem der kohlehydratarmen Diät - besteht darin, dass man gleich am Anfang kräftig abnimmt. Wir wissen aber, dass eine sichtbare Folge der kohlehydratarmen Diät zunächst eine kräftige Entwässerung ist; erst wenn die Diät über längere Zeit durchgehalten wird, gleicht sich der Wasserhaushalt wieder aus. Und erst dann bauen sich die Fettpolster allmählich ab.
Die kohlehydratarme Diät gilt als schonend für das Körpereiweiß, das bei sehr raschem Gewichtsverlust in Mitleidenschaft gezogen wird. Es gibt aber keinen sicheren Beweis für diese Behauptung. Im Gegenteil, eine kohlehydratarme Diät hat sehr oft unerwünschte Nebenwirkungen wie Schwächeanfälle, Apathie, Erschöpfung, Ekelgefühle, Erbrechen, Flüssigkeitsverlust, manchmal sogar Verschärfung einer bereits bestehenden Gicht.
Ich vermute, dass diese Ernährungsprogramme unter anderem deshalb so populär sind, weil ihre (unbewiesenen!) biochemischen Effekte einen psychologischen Reiz haben. Wenn bestimmte Nahrungsmittel deshalb verboten sind, weil sie die Wirkung der Diät auf den Stoffwechsel zerstören, dann wirkt jede Versündigung dagegen ganz besonders fürchterlich, d.h., die Motivation zum Diäthalten wird durch die Beschränkungen sogar noch gesteigert!
Vielleicht ist das eine Erklärung für die Beliebtheit dieser Diätformen, die ganz wenige, manchmal sogar überhaupt nur ein einziges Nahrungsmittel gestatten. Es gibt eine Eiscremediät, eine Grapefruitdiät und eine Diät, bei der man nur Erdbeeren mit Schlagsahne zu sich nehmen darf. Dahinter steht vermutlich die Idee, dass man sich bei derart einseitiger Ernährung-und selbst wenn sie anfangs noch so gut schmeckt - nur schwer überessen kann: Auch das beste Essen wird einem zuviel, wenn man übermäßig davon bekommt.
Andere Programme bestehen aus einer geschmacklosen, ja fast ungenießbaren Flüssigkeit, die die jeweils erlaubte tägliche Kalorienmenge enthält, meist 800 bis 1200 Kalorien pro Tag. Eine homogene Flüssigkeitsdiät ohne Geschmack ist offenbar durchaus erfolgreich bei der Beschränkung der Kalorienzufuhr, denn kein verlockender Geschmack verführt einen zum maßlosen Essen. Um dieser Verführung durch gutes Essen zu begegnen, griff man gelegentlich zu verzweifelten Mitteln, indem man dem Essen z. B. Chinin oder eine ähnlich übelschmeckende Substanz beimischte. Viele Diätformen, die in unseren Illustrierten für die Frau veröffentlicht werden, sind nichts als Diätprogramme, deren Ungenießbarkeit sich vorübergehend hinter ihrer Neuheit versteckt.
Die meisten Standarddiäten, einschließlich des Zusatz-Fastens, zeitigen, kurzfristig gesehen, durchaus einen Erfolg. Sobald die Diät jedoch abgesetzt wird oder sobald man eine Kaloriensünde begeht, verlangsamt sich die Gewichtsabnahme; das gilt besonders für diejenigen Arten von Diät, bei denen der Körper am Anfang stark entwässert wird. Sobald man wieder normal isst, füllt sich der Körper mit Wasser sofort wieder auf.
Bei allen diesen Formen von Diät besteht das größte Problem in der psychologischen Konsequenz der Vorstellung, dass man entweder gerade Diätanhänger ist oder nicht. Zählt man zu diesen »Erwählten«, ist man, kaum hat man eine Kaloriensünde begangen, ohnehin nicht mehr ein »echter« Anhänger. Dazu gehört die Vorstellung, dass man »artig« oder »schlimm« ist: »artig«, wenn man brav Diät hält, und »schlimm«, wenn man sie bricht. Und gerade diese Einstellung wirkt sich langfristig auf das Gewicht ungünstig aus, da ja bekanntlich Schuldgefühle oft mit übermäßigem Essen zusammenhängen. Wenn man wirklich auf Dauer Gewicht verlieren will, dann muss man nicht nur die Art und Weise des Essens und des Energieverbrauchs grundlegend ändern, sondern auch die eigene Einstellung zu allem, was Essen betrifft und damit zusammenhängt. Man kann schließlich nicht sein ganzes Leben lang >Diät machen<.
Selbsthilfegruppen
Die meisten der hier beschriebenen Schlankheitsrezepte stammen aus Büchern, die jahrelang an der Spitze der Bestsellerlisten standen. Keines bleibt allerdings lange dort, denn schon bald hört man von Misserfolgen, und die vorige sogenannte »Wunderdiät« wird abgelöst durch die »neue, verbesserte Methode«. Nur die Selbsthilfegruppen scheinen in dem Geschäft zu blühen und zu gedeihen.
Wenn man sein Gewicht nach einer Gewichtsabnahme halten will, dann spielen die lieben Mitmenschen eine ganz wesentliche Rolle. Wenn die Umgebung ständig darauf achtet, wie man aussieht, und einen für jeden Fortschritt entsprechend lobt, dann bleibt die Motivation stark. Ein interessierter, informierter und für das Wohl aller engagierter Gruppenleiter kann oft ebenfalls zum Erfolg beitragen. In den letzten Jahren sind in den USA mehrere dieser Gruppen entstanden, wie z. B. »Weight Watchers« und »Overeaters Anonymous«.
Hat Selbsthilfe Erfolg? Da es sich bei diesen Gruppen oft um gewinnbringende Unternehmen handelt, kann man nur schwer genaue Daten von ihnen erfahren, denn verständlicherweise liegt diesen Vereinigungen nichts daran, dass die Welt womöglich etwas über ihre Misserfolge erfährt. Aus den dennoch zur Verfügung stehenden Tatsachen lässt sich immerhin Interessantes ablesen: Der auffallendste Unterschied zwischen den Gruppen ist offenbar der Altersunterschied im Datum der Gründung, denn neu gebildete Gruppen haben im allgemeinen mehr Erfolg als ältere, bereits etablierte Gruppen.
Die Erfolgsrate dieser profitinteressierten Gruppen steht hinter den Ergebnissen einer Abmagerungsbehandlung beim Hausarzt oder ambulant in einer Klinik kaum zurück. Beim Halten des erreichten Traumgewichts jedoch sind die Ergebnisse beider Seiten enttäuschend, und dies, obwohl die meisten Selbsthilfegruppen sich dieses Problems eifrig annehmen und ihre Mitglieder mit bestimmten Programmen zum Halten ihres Gewichts anregen und ermutigen. Dazu gehört z.B., dass sie weiterhin zu den Treffen kommen dürfen, auch ohne Mitgliedsbeitrag zu zahlen, vorausgesetzt, sie können zeigen, dass sie ihr Gewicht halten; oder auch die Verleihung eines Abzeichens in Form einer Anstecknadel oder einer Uhr. Das hat in manchen Fällen Erfolg, aber es genügt keineswegs, um jeden auf seinem Idealgewicht zu halten. Im allgemeinen sind die Ausfallsraten jedenfalls ziemlich hoch.
Paare
Eine weitere Form der Gruppentherapie besteht darin, dass nicht nur der Übergewichtige allein, sondern auch sein Partner an dem Programm mitarbeitet. Bis jetzt hat sich gezeigt, dass sowohl die Gewichtsabnahme wie auch das Halten des Idealgewichts bei jenen, die zusammen mit Ehefrau, Ehemann oder Partner behandelt werden, in jeder Hinsicht mehr Erfolg hat.
Verhaltenstherapie
Ziel der Verhaltenstherapie ist es, die vorhandenen Ess- und Bewegungsmuster zu verändern. Dabei geht es darum, das Verhalten dahingehend zu verändern, dass die Kalorienaufnahme verringert oder der Kalorienverbrauch erhöht wird - oder am besten beides zugleich. Die Grundvoraussetzung der Verhaltenstherapie besteht darin, dass Übergewicht auf ein erlerntes Fehlverhalten zurückgeht und daher auch wieder verlernt werden kann.
Schlankheitskuren, die sich auf verhaltenstherapeutische Erkenntnisse stützen, sind überall binnen kurzem zum großen Renner geworden. Zuerst ging man von der Annahme aus, dass übergewichtige Menschen ein ganz bestimmtes Essverhalten hätten und dass es vor allem darum ginge, ihnen beizubringen, wieder wie normale Menschen zu essen. Eine weitere Hypothese war, dass die Dicken mehr äßen als die Dünnen und dass sie daher lernen müssten, weniger zu essen. Weder für die eine noch für die andere Annahme gibt es jedoch stichhaltige Beweise.
Nichtsdestoweniger hat die Vorstellung einer Änderung im Essverhalten oder vielmehr im ganzen Lebensstil vieles für sich. Im allgemeinen wird dabei keine spezifische Diät vorgeschrieben, sondern nur eine ausgegli chene, vollwertige Nahrung empfohlen. Im Gegensatz zu den verführerischen Versprechungen eines plötzlichen Gewichtsverlustes bei den meisten >Wunderdiäten< verlässt sich die Verhaltenstherapie auf den langsamen, aber sicheren Weg: ein bis zwei Pfund pro Woche als nachweisbares Ergebnis einer Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens. Forscher der Verhaltenslehre betonen immer wieder, dass es keinen raschen und schon gar nicht einen einfachen Weg für dauernden Gewichtsverlust gibt, sondern dass der Erfolg bei der Bekämpfung von Übergewicht eine langfristige Bemühung voraussetzt und dass kein Erfolg zu erzielen ist ohne die aktive Anstrengung des Betreffenden. Ohne die entsprechende Motivation und Entschlossenheit zu den empfohlenen Verhaltensänderungen kommt es nicht einmal zu einer minimalen wöchentlichen Gewichtsabnahme.
Im besten Fall bietet die Verhaltenstherapie eine Behandlung, die genau auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestimmt ist. Das stellt insofern einen Fortschritt gegenüber den standardisierten Diätformen dar, da diese ja davon ausgehen, dass alle Dicken von der gleichen Art der Diät profitieren. Nur leider sind in letzter Zeit auch hier genormte Behandlungsformen aufgetaucht, durch welche das Beste am verhaltenstherapeutischen Weg verlorengeht.
Gute langfristige Resultate
Nach den verfügbaren Ergebnissen zu schließen, sieht es so aus, als würde bei einem verhaltenstherapeutischen Schlankheitsprogramm Erfolg oder Misserfolg sehr viel stärker von einem Menschen zum anderen schwanken als bei den meisten anderen Methoden. Das bedeutet, dass diese Methode auch nicht für jeden geeignet ist. Im großen und ganzen nimmt man dabei offenbar weniger ab als bei den anderen Schlankheitskuren, hat dann aber weniger Schwierigkeiten beim Halten des erreichten Gewichts, so dass gerade die Prognose auf Dauer hier viel besser ausfällt. Menschen, die auf diese Weise behandelt wurden, scheinen tatsächlich ihr Essverhalten und Maß an Bewegung entscheidend geändert und daher neue, gesündere Gewohnheiten entwickelt zu haben.
Kaum ungünstige Nebenwirkungen
Die Verhaltenstherapie hat nur sehr wenige ungünstige Nebenwirkungen, womit man erklären könnte, warum die Ausfallsquote hier niedriger ist als bei den meisten anderen Schlankheitskuren. Es sieht auch so aus, als würde das Idealgewicht um so leichter gehalten, je länger die Behandlung selbst gedauert hat. Ein weiterer Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie erst bei erfolgreich eingetretener Änderung im Essverhalten beendet werden kann und nicht unbedingt bereits nach einer willkürlich festgesetzten Zeitspanne oder vorherbestimmten Gewichtsabnahme.
Die Verhaltenstherapie wurde auch bereits in Verbindung mit anderen Techniken benutzt. Viele davon, wie etwa strenges Fasten oder das Einhalten einer strengen Diät, führen zwar zu einem raschen Gewichtsverlust, vermitteln dem Übergewichtigen aber keinerlei Wissen über ein richtiges Essverhalten nach Beendigung der Diät. Hier könnte die Verhaltenstherapie wirksam werden: Durch eine Verbesserung der Eßgewohnheiten an diesem Punkt könnte eine Stabilisierung des Idealgewichts zu erreichen sein. Vielleicht wäre im richtigen Augenblick gerade diese Verbindung von einer Schlankheitskur, die zu raschem Gewichtsverlust führt, mit dem verhaltenstherapeutischen Ansatz zum Zwecke einer Veränderung des Essverhaltens eine besonders wirkungsvolle Methode der Gewichtskontrolle.
Appetitzügler aus der Apotheke
Die vielen Appetitzügler, die heute auf dem Markt sind, zeigen alle mehr oder weniger gute Ergebnisse über kurze Zeit. Wir wissen nicht genau, auf welche Weise sie den Appetit unterdrücken. In den letzten Jahren wurden diese Appetitzügler in der Öffentlichkeit immer unbeliebter, wobei übrigens die Amphetamine noch öfter als die übrigen in der Presse schlecht wegkamen. Zu den üblen Nebenwirkungen der Appetitzügler gehören übrigens Kopfschmerzen, Nervosität, Schwindelanfälle, Herzflattern und steigender Blutdruck; außerdem führen sie zur Erhöhung der Körpertemperatur und zu verringertem Schlafbedürfnis.
Die amerikanische Food and Drug Administration, die für Zulassung und Verkauf von Medikamenten in den USA zuständig ist, untersuchte in den letzten Jahren 105 Präparate von Firmen, die neue Appetitzügler auf den Markt bringen wollten. Die Untersuchung enthält 210 Testreihen mit annähernd 10000 Versuchspersonen, die in der sogenannten »Doppelblind-Technik« durchgeführt wurden, d.h., dass weder die Versuchsperson bei der Medikamenteneinnahme noch der Tester selbst weiß, ob die jeweils verabreichte Substanz ein echtes Medikament ist oder nur ein Placebo. Die getesteten Medikamente sind in Tabelle G aufgelistet.
Die Versuchspersonen, die tatsächliche Appetitzügler bekamen, nahmen im Durchschnitt ein halbes Pfund pro Woche mehr ab als diejenigen, die nur ein Placebo bekamen. Etwa 44% der mit echten Appetitzüglern behandelten Personen nahmen mehr als 1 Pfund pro Woche ab, jedoch nur 26% der Gruppe mit dem scheinbaren Medikament. Bei einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 3 Pfund pro Woche war ebenfalls die Gruppe, die echte Appetitzügler einnahm, fast doppelt so erfolgreich wie die Gruppe mit den Placebos.
Tabelle G
Appetitzügler, die gegenwärtig in den USA zur Behandlung von Übergewicht auf dem Markt sind:
Gattungsname |
Markenname (unter dem das Präparat verkauft wird) |
DEA-Kategorie* |
Amphetamin |
Benedrin (und andere) |
II |
Methamphetamin |
Desoxyn (und andere) |
II |
Phenmetrazin |
Preludin |
II |
Phendimetrazin |
Plegin - Antapentan®** |
III |
Benzphetamin |
Didrex |
III |
Chlorphentermin |
Pre-Sate |
III |
Clortermin |
Voranil |
III |
Mazindol |
Sanorex - Teronac® |
III |
Fenfluramin |
Pondimin - Ponderax® |
IV |
Diethylpropion |
Tenuate, Tepanil - Regenon® |
IV |
Phentermin |
Fastin, Ionamin (Resin)
Adipex®, Mirapront®, Regulin® |
IV |
* DEA = Drug Enforcement Administration; die rezeptpflichtigen Medikamente sind je nach ihrer Möglichkeit zur missbräuchlichen Verwendung kategorisiert. Die Medikamente in Stufe II (Amphetamin, Methamphetamin und Phenmetrazin) unterliegen den strengsten Verbreitungsbeschränkungen.
** Kursiv gesetzte Markennamen geben an, unter welchen Bezeichnungen diese Präparate in deutschsprachigen Ländern auf dem Markt sind.
Sind Appetitzügler wirksam und sicher?
Bei einer Analyse von 145 Studien, die zwei oder mehrere Appetitzügler miteinander verglichen, stellte sich heraus, dass zwischen den einzelnen Präparaten kein wesentlicher Unterschied besteht. Daraus darf man schließen, dass die Appetitzügler in Bezug auf Gewichtsverlust und auch angesichts der dafür nötigen Zeitspanne alle mehr oder weniger gleich wirksam sind. Über die Langzeitwirkung aller dieser Medikamente gibt es allerdings noch keine Studien.
Bezüglich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Appetitzüglern haben sich bereits Zweifel erhoben. Manchen Wissenschaftlern zufolge ist die Sterblichkeitsrate unter den mit Appetitzüglern Behandelten höher; andere wieder meinen, dass bei einer richtigen Dosierung keine Gefahr bestehe. Menschen, die bereits an Depressionen oder anderen seelischen Störungen gelitten haben, ist von bestimmen Medikamenten abzuraten -insbesondere von Fenfluramin.
HCG (Choriongonadotropin)
Dieses Hormon, das man aus dem Urin schwangerer Frauen gewinnt, wird seit etwa fünfundzwanzig Jahren in Form von Injektionen zur Behandlung des krankhaften Übergewichts eingesetzt. Man nimmt an, dass die Substanz bei eingeschränkter Kalorienzufuhr Fett aus dem Fettgewebe löst. Drei sehr sorgfältig ausgearbeitete klinische Berichte haben allerdings erwiesen, dass HCG nicht wirksamer ist als ein Placebo. Der augenscheinliche Erfolg dieses Präparates geht wohl darauf zurück, dass die Patienten gleichzeitig eine äußerst geringe Kalorienmenge pro Tag zu sich nehmen - meistens nicht mehr als 500 Kalorien - und täglich wegen eben dieser Injektion zum Arzt kommen müssen. Der Behandlung mit HCG etwa gleichwertig waren die Erfolge einer Kur, die aus einer Placebo-Injektion, einer simplen 500-Kalorien-Diät und dem täglichen Besuch beim Arzt bestand. Ein solches Gelingen ist kaum überraschend, denn der tägliche Besuch beim Arzt stärkt gerade bei einer 500-Kalorien-Diät die ansonsten leicht sinkende Moral.